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Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes 2011

Die Bundesregierung hat jetzt einen Gesetzentwurf für die von ihr geplanten Steuervereinfachungen vorgelegt.

Der große Wurf zur Steuervereinfachung sieht anders aus - das war schon Ende 2010 das einhellige Fazit, als die Bundesregierung das Arbeitspapier vorgelegt hat, in dem ein Bündel von 41 Einzelmaßnahmen aufgelistet war. Zwar muss man der Regierung zu Gute halten, dass es weniger fehlender Einigungs- und Reformwille, sondern vor allem die schlechte Haushaltslage ist, die weitgehendere Reformen vorerst verhindert. Trotzdem wäre mehr Vereinfachung wünschenswert und mit etwas mehr Mühe wohl auch möglich gewesen: Von den Vorschlägen bezieht sich knapp die Hälfte auf die Abschaffung esoterischer Regelungen, die im praktischen Steuerrecht ohnehin keine Rolle mehr spielen, oder auf Maßnahmen, die schon beschlossen sind.

Am 2. Februar hat die Bundesregierung nun den Entwurf für das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vorgelegt und Mitte März in den Bundestag eingebracht. Die Verabschiedung des Gesetzes ist allerdings erst für den Sommer geplant. Grundsätzlich sollen die Änderungen zum 1. Januar 2012 in Kraft treten, einige Änderungen gelten jedoch schon rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 oder ab dem Tag der Verkündung des Gesetzes. Die Entlastung für die Steuerzahler durch das Maßnahmenpaket beträgt rund 590 Millionen Euro. Hier sind nun die wichtigsten Gesetzesänderungen im Überblick:

  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Vor sieben Jahren wurde der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.044 Euro auf 920 Euro reduziert, jetzt soll er wieder auf 1.000 Euro steigen, und zwar rückwirkend noch für 2011. Die Maßnahme ist mit Steuermindereinnahmen von 330 Millionen Euro verbunden und soll den Einzelnachweis von Ausgaben für 550.000 Arbeitnehmer überflüssig machen. Um die Lohnabrechnung in 2011 nicht unnötig kompliziert zu machen, sieht das Gesetz vor, dass der gesamte Erhöhungsbetrag von 80 Euro in der Lohnabrechnung vom Dezember 2011 zu berücksichtigen ist.

  • Kinderbetreuungskosten: Kosten für die Kinderbetreuung sollen ab 2012 generell als Sonderausgaben gelten, eine umfangreiche Prüfung, ob es sich nun um Werbungskosten oder Sonderausgaben handelt, entfällt dadurch. Gleichzeitig soll der Vordruck für die Anlage Kind um eine Seite reduziert werden. Die Kinderbetreuungskosten können weiterhin bis zu einer Höhe von 4.000 Euro je Kind angesetzt werden.

  • Kindergeld: Zahllose Streitereien mit der Familienkasse und Verfahren vor den Finanzgerichten würden überflüssig, wenn bei der Gewährung von Kindergeld und -freibeträgen für volljährige Kinder wie geplant ab 2012 auf die Einkommensüberprüfung der Kinder verzichtet wird. Der Verzicht auf die Einkommensprüfung gilt ebenso beim Unterhaltshöchstbetrag und Ausbildungsfreibetrag. Hier belaufen sich die Steuermindereinnahmen auf 200 Millionen Euro.

  • Entfernungspauschale: Nutzt der Steuerzahler für den Arbeitsweg abwechselnd öffentliche Verkehrsmittel und den eigenen Pkw, sollen ab 2012 durch die Umstellung von einer tagweisen auf eine jährliche Vergleichsrechnung die derzeit noch notwendigen Aufzeichnungen und Berechnungen überflüssig werden. Im Einzelfall bedeutet dies jedoch eine Verschlechterung, weil Berufstätige, die nur zeitweise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, nicht mehr den höheren Fahrkartenpreis geltend machen können. Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel können nämlich nur noch dann mit dem tatsächlichen Preis angesetzt werden, soweit sie den Jahreshöchstbetrag für die Entfernungspauschale von 4.500 Euro übersteigen.

  • Ehegattenveranlagung: Die Veranlagungs- und Tarifvarianten für Eheleute sollen von derzeit sieben auf künftig vier reduziert werden (Zusammen- und Einzelveranlagung sowie zwei Spezialfälle nach dem Tod eines Ehegatten und im Trennungsjahr). Dass nicht nur einzelne Veranlagungsarten gestrichen werden, zeigt insbesondere die Abschaffung der Getrenntveranlagung, denn sie wird durch eine Einzelveranlagung ersetzt. Im Unterschied zur Getrenntveranlagung sollen dann die steuerlich berücksichtigungsfähigen Privatausgaben (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Handwerkerleistungen und haushaltsnahe Dienstleistungen) automatisch den Ehepartnern jeweils hälftig zugeordnet werden, soweit die Ehepartner nicht gemeinsam eine andere Aufteilung beantragen. Im Gegenzug bemisst sich die zumutbare Belastung bei außergewöhnlichen Belastungen dann nicht mehr an der Höhe des Gesamteinkommens beider Ehepartner, sondern nur noch nach den Einkünften des Ehepartners, der die Belastung geltend macht. All diese Änderungen bei der Ehegattenveranlagung sollen erst ab 2013 gelten.

  • Verbilligte Vermietung: Statt zweier Grenzen bei der verbilligten Vermietung einer Wohnung (56 % der ortsüblichen Miete als Untergrenze für den vollen Werbungskostenabzug, 75 % für den Verzicht auf eine Überschussprognose) soll es nur noch einen Prozentsatz geben. Wird mehr als 66 % der ortsüblichen Miete gezahlt, gilt die Vermietung als vollentgeltlich und ermöglicht den vollen Werbungskostenabzug, ohne dass eine Überschussprognose notwendig wird. Diese Änderung gilt ab dem 1. Januar 2012. Bis dahin bleibt also noch Zeit, Mietverträge anzupassen, um einen teilweisen Ausschluss der Werbungskosten wegen einer zu niedrigen Miete ab 2012 zu vermeiden.

  • Zweijährige Steuererklärung: Ein Großteil der Steuerzahler soll ab 2012 die Möglichkeit erhalten, die Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgeben zu müssen. Voraussetzung ist, dass ausschließlich Überschusseinkünfte erzielt werden (also keine gewerblichen Einkünfte oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft), dass die Einnahmen, soweit sie nicht dem Steuerabzug (Lohn- oder Abgeltungsteuer) unterliegen maximal 13.000 Euro pro Jahr betragen, und dass der Steuerzahler einen formlosen Antrag beim Finanzamt stellt. Das Wahlrecht zur zweijährigen Veranlagung gilt auch für Körperschaften, die keine gewerblichen Einkünfte erzielen, also insbesondere vermögensverwaltende Gesellschaften sowie Stiftungen und Vereine.

  • Elektronische Rechnungen: Eine Änderung der EU-Direktive zur Mehrwertsteuer verlangt von den Mitgliedsstaaten die vollständige Gleichstellung von Papier- und elektronischen Rechnungen. Das müssen die EU-Staaten spätestens bis 2013 umgesetzt haben. Im Steuervereinfachungsgesetz 2011 ist nun vorgesehen, den Verzicht auf die Signaturpflicht bei elektronischen Rechnungen schon ab dem 1. Juli 2011 einzuführen. Rechnungsaussteller und -empfänger müssen weiterhin innerhalb der Aufbewahrungsfristen die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit der Rechnung sicherstellen, es bleibt ihnen dann aber selbst überlassen, auf welchem Wege sie das tun.

  • Betriebsfortführungsfiktion: Für die Fälle einer Betriebsverpachtung im Ganzen oder einer Betriebsunterbrechung wird eine Betriebsfortführungsfiktion eingeführt. Das bedeutet, dass der Betrieb so lange als fortgeführt gilt, bis entweder der Inhaber gegenüber dem Finanzamt ausdrücklich die Betriebsaufgabe erklärt, oder dem Finanzamt Tatsachen bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe erfüllt sind. Damit wird einerseits Rechtssicherheit für die Betroffenen hergestellt, und andererseits stellt der Staat die Besteuerung von stillen Reserven bei einer schleichenden Betriebsaufgabe sicher, weil keine Festsetzungsverjährung mehr eintreten kann. Den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe kann der Inhaber damit mehr oder weniger frei wählen, muss dies aber innerhalb von drei Monaten gegenüber dem Finanzamt erklären. Diese Änderung gilt für eine Betriebsaufgabe nach dem Tag der Gesetzesverkündung, auf den Termin der Aufgabeerklärung kommt es nicht an.

  • Abgabefristen: Für Land- und Forstwirte mit abweichendem Wirtschaftsjahr soll zukünftig ebenfalls die Regelabgabefrist von 5 Monaten gelten statt wie bisher nur 3 Monate. Dies gilt dann bereits rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2010.

  • Kapitalerträge: Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, werden ab 2012 bei der Ermittlung des Spendenabzugsvolumens, der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen oder dem Abzug von Unterhaltsleistungen nicht mehr berücksichtigt.

  • Steuerbefreiungsvorschriften: Insgesamt sieben Steuerbefreiungsvorschriften, die ohnehin in der Praxis keine Rolle mehr spielen, werden aufgehoben, zum Beispiel für die Zuwendungen ehemaliger alliierter Besatzungssoldaten an ihre Ehefrauen oder für Bergmannsprämien. Außerdem sind Stipendien zukünftig auch dann steuerfrei, wenn sie nur mittelbar aus öffentlichen Mitteln geleistet werden.

  • Spendennachweis: Die bisher immer nur im Einzelfall geregelten Erleichterungen für den Nachweis von Spenden in Katastrophenfällen werden jetzt gesetzlich festgeschrieben.

  • Pflichtveranlagungen: Arbeitnehmer mit geringem Einkommen, die eine hohe Mindestvorsorgepauschalen für die Kranken- und Pflegeversicherung aufweisen, müssen zukünftig keine Steuererklärung mehr abgeben, wenn ihr Einkommen die diversen gesetzlichen Freibeträge ohnehin nicht überschreitet. Das ist der Fall bei einem Einkommen unter 10.200 Euro für Singles und 19.400 Euro für Ehegatten.

  • Verbindliche Auskunft: Verbindliche Auskünfte des Finanzamts sollen künftig nur noch bei einem Gegenstandswert von mehr als 10.000 Euro gebührenpflichtig sein. Diese Bagatellgrenze gilt dann, wenn der An-trag nach der Gesetzesverkündung beim Finanzamt eingeht.